William Garner Sutherland 1873 - 1954

Er ist der außergewöhnliche Osteopath und Forscher, dem wir die Basis unserer Arbeit zu verdanken haben: 

 

William Garner Sutherland D. O. hat heute seinen 

 

150. Geburtstag. 

 

* 27. März 1873 in Portage County, Wisconsin 

bis

24. September 1954 in Pacific Grove, Monterey County, Kalifornien, USA

Der bvFO nimmt dies zum Anlass, um ihm eine spezielle Hommage zukommen zu lassen und seine Arbeit zu würdigen.

Es gab viele wirklich große OsteopathInnen, z.B. den Gründer der allgemeinen Osteopathie, Andrew Taylor Still, oder Viola Frymann D.O. und Fred Mitchell jr., den Entwickler der Muscle Energy Therapie. 

Aber Sutherland war eine Ausnahmeerscheinung. Berühmt geworden ist sein Initial-Erlebnis, dass er in der osteopatischen Akademie hatte, als er an einem Beauchene-Schädel, also einem explosionsartig montierten Schädel in einer Glasvitrine vorüberging.

Bei dieser speziellen Präsentation werden alle Knochen in ihrem natürlichen Verhältnis zueinander montiert. Blitzartig durchfuhr ihn der Gedanke: „Abgeschrägt wie die Kiemen eines Fisches, was auf eine respiratorische Bewegung für einen Gelenkmechanismus hinweist".

 

Manchmal wird Kreativität mit einer Infektion verglichen: ein irritierender Gedanke dringt in das Gehirn ein wie ein Virus - löst er eine irritierende innere Reaktion in uns aus, so geht er in Wechselwirkung mit den Reaktionskräften des Geistes, die eine innere Ordnung darin suchen, um einen passenden Umgang damit zu finden - den Sinn.

Wir können die erste Phase danach vergleichen mit der Inkubationszeit die auf die Infektion folgt. In dieser Zeit wirkt der Gedanke nur still, aber unterbewusst beschäftigt es die Inspiration und das Denken. An einer kritischen Stelle erfolgt die Umwandlung davon zu einer Erkenntnis. Manch einer nennt dies „von der Muse geküsst werden“ was natürlich sehr poetisch klingt, aber bei Sutherland war es eher diese Art von „kreativer Infektion“, die ihn von nun an ein Leben lang beschäftigen sollte. Seine Erfahrungen ließen die theoretische Basis und das praktische Werkzeug heranreifen - also auch die Techniken - mit denen wir heute im Jahr 2023 noch arbeiten. Es hat also unsere heute noch gültige Ausprägung von Osteopathie geformt wie kein Einfluss mehr danach - vor Allem im funktionellen Bereich, der ja auch die methodische und inhaltliche Ausprägung des bvFO darstellt. 

Zum Glück arbeitet auch jede Einzelne von uns - also Du und ich an der Weiterentwicklung unserer schönen Methode - ganz im Sinne von Andrew Taylor Still, der uns als Motto hinterließ: „Dig on“ - frei übersetzt: „Buddelt weiter im großen Acker des menschlichen Potenzials und seiner Anwendungsmöglichkeiten zum Wohl der Menschen und des Lebens“. Aber Bill Sutherland hatte große Alleinstellungsmerkmale - er war anders als Still: keine schillernder Philosoph mit einer gesunden Wut auf die zeitgenössische Medizin sondern eher ein bescheidenes Genie mit einer stillen Versammeltheit und einer Verbindung zur feinen Energetik des Lebendigen.

 

So auch kein Wunder, dass sich auch bei ihm - wie bei seinem ursprünglichen Lehrer A.T. Still - in der Nachfolge mindestens zwei neue Lager bildeten, die häufig leider den Drang empfinden, sich voneinander abzugrenzen und für sich zu beanspruchen, die „alleinseligmachende“ Craniosacrale Ausrichtung darzustellen: Strukturell osteopathische Craniosacrale Osteopathie und Biodynamische craniosacrale Osteopathie wirken somit häufig wie unterschiedliche Methoden, was mehr als schade ist, sondern eher kontraproduktiv für eine breite Anwendung für die Gesundheit möglichst vieler Menschen, also für die uns anvertrauten Patienten. Wir sollten versuchen die verschiedenen Aspekte der Arbeit nach dem Vorbild Sutherlands in uns zu vereinen und alle Erscheinungsebenen zum Wohl unserer Patienten in die Umsetzung und therapeutische Anwendung zu bringen. Erst dann werden wir dem großen Vorbild Sutherlands gerecht.

 

Sutherlands Wirkung geht weit über die Craniosacrale Osteopathie hinaus. Im parietalen Sektor schuf er die Balanced Ligamentous Tension Methodik - kurz BLT oder auch zu seinen Ehren Sutherland-Techniken genannt -  ebenso die Ligamentär-Artikulären-Spannungstechniken. Aber seine größte Entwicklung war halt die Craniale Osteopathie - später auch von anderen imitiert und zu einer eigenständigen Methodik umbenannt - der Craniosacralen Therapie.

 

Er wollte es wirklich wissen, was z.B. passiert, wenn eine Kompression im System diese Bewegungen einschränkt. Dies veranlasste ihn zu einer Reihe von Experimenten an sich selbst, bei denen er Teile seines Kopfes fesselte, um verschiedene Bewegungsrichtungen einzuschränken. Er entdeckte, dass die verschiedenen Kompressionsmuster zu Funktionsstörungen in verschiedenen Körpersystemen führten - im Schlafzyklus, im psycho-emotionalen Bereich und sogar in der Organtätigkeit. Dazu verwendete er unter anderem spezielle "Druckhelme" - lederne American-Football-Helme, in denen er an bestimmten Stellen Vollgummipolster anbrachte, um Druck auf einzelne Schädelstrukturen auszuüben und deren Auswirkungen bei gesunden Menschen zu untersuchen - subtile Mikrobewegungen, die sich auf den gesamten Körper auswirken.

 

Er forschte, er schlussfolgerte, er experimentierte, aber vor allem behandelte er seine Patienten mit der neuen Methodik und erzielte außergewöhnliche Ergebnisse, die den Weg für völlig neue Heilungsmöglichkeiten ebneten.

 

Er bewies, dass die Nähte lebendige Schnittstellen zwischen den Schädelknochen sind, deren Propriozeption unsere vegetativen und neuronalen Prozesse und sogar die Selbstheilungsprozesse des Gehirns und des ganzen Körpers positiv beeinflusst. Er erkundete die Rolle des Liquors rund 100 Jahre bevor die moderne Forschung die Bedeutung des glymphatischen Systems und ihre Implikationen für die Vermeidung von neuro-degenerativen Erkrankungen hat. Und: der wichtigste Begriff, den er etablierte, war die Vorstellung des Breath of Life als Basis für Alles, was mit dem primär-respiratorischen Mechanismus zu tun hat.

Aus einfachen Verhältnissen...

Ein paar Daten zu seinem Leben: 

William Garner Sutherland (* 27. März 1873 in Portage County, Wisconsin, USA; † 24. September 1954 in Pacific Grove, Monterey County, Kalifornien, USA) war ein Pionier auf dem Gebiet der Osteopathie.

 

Dr. Sutherland wurde 1873 in Portage County, Wisconsin, als Sohn einer Arbeiterfamilie geboren. Seine Eltern waren ein Hufschmied und eine Hausfrau, und Dr. Sutherland war das dritte von vier Kindern. Er begann seine berufliche Laufbahn als Journalist.

 

1895 schrieb sich Dr. Sutherland an der American School of Osteopathy (heute bekannt als Kirksville College of Osteopathic Medicine) ein, einer medizinischen Hochschule, die Andrew Taylor Still gegründet hatte. das er 1900 abschloss. In den folgenden Jahrzehnten forschte Sutherland auch mit Selbstversuchen im kranialen Bereich und veröffentlichte 1939 das Buch „The Cranial Bowl“, in dem er die Beweglichkeit der Schädelknochen postulierte und den Begriff PRM (Primary Respiratory Mechanism) einführte. 1951 erschien das Buch „Osteopathy in the Cranial Field“ von Harald I. Magoun, einem Kollegen von Sutherland. Magoun, einem Kollegen von Sutherland, veröffentlicht, zu dem Sutherland das Vorwort schrieb und das ihm gewidmet war. Dieses Buch beschrieb zum ersten Mal die kraniale Osteopathie als Therapie in Form eines Lehrbuches.

Dr. Sutherland lebte lange in Missouri, wo er forschte und als Arzt praktizierte. Obwohl er eine wachsende Zahl treuer Schüler und Patienten hatte, wurde er für seine Theorien über den Mechanismus der "primären Atmung" kritisiert. Dennoch wurden seine frühen Arbeiten als medizinische Tatsachen anerkannt.

 

Mit seiner ersten Frau hatte er ein Kind und heiratete 1927 erneut. Seine zweite Frau Ada blieb bis zu seinem Lebensende bei ihm und verwaltete danach sein Lebenswerk u.A. im Sinne der Kommunikation seines Lebenswerks .

 

Im Alter von 78 Jahren zog Dr. Sutherland nach Pacific Grove, Kalifornien, in ein milderes Klima. Er starb 1954 und hinterließ einen wertvollen Beitrag zur Medizin.

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